Häufig gestellte Fragen


Hier werden Fragen und Antworten veröffentlicht, die von allgemeinem Interesse sind. Die Liste wird anhand der eingehenden Fragen ständig aktualisiert. Die Fragesteller werden anonymisiert. Einige Fragen stammen aus früheren Schöffenwahlen, da zu erwarten ist, dass die genannten Probleme auch bei dieser Wahl wieder auftreten werden.

A. Aufstellung der Vorschlagsliste
B. Bekanntmachung der Wahl
C. Inhalt der Vorschlagsliste
D. Bewerbung
E. Ausschlussgründe
F. Öffentliche Behandlung der Vorschlagsliste/Datenschutz
G. Vertrauenspersonen 

 

A. Aufstellung der Vorschlagsliste

  • 1. Gibt es einen ungefähren Zeitplan, wann man mit dem Aufruf an die Bevölkerung anfängt (evtl. Informationsabend mit aktiven Schöffen, Schreiben an Organisationen wie Fraktionen, Vereine, Institutionen o. Ä.)? Oder muss man die Mitteilung des Gerichtspräsidenten über die benötigte Zahl der Schöffen abwarten?

    Die Termine für den Wahlablauf werden in den einzelnen Ländern durch Verwaltungsvorschriften der Landesjustizverwaltungen geregelt. Diese enthalten die Termine für den formalen Ablauf der Wahl, um eine einheitliche Praxis und eine zeitlich abgestimmte Vorgehensweise der beteiligten Behörden zu gewährleisten. Für die Kommunen beginnt das offizielle Verfahren mit der Mitteilung des zuständigen Präsidenten über die erforderliche Zahl von Schöffen bzw. Jugendschöffen.
    Die Information der Bevölkerung durch Presse, Webseite oder Volkshochschulen kann unabhängig von dieser Mitteilung schon vorher vorgenommen werden, da der offizielle Zeitplan hiervon nicht tangiert wird. Den Organisationen, von denen Vorschläge erwartet werden, sollte die ungefähre Zahl der erwarteten Vorschläge mitgeteilt werden, damit diese sich darauf einrichten können.
    Eine Vorabinformation der Bevölkerung und der Organisationen empfiehlt sich insbesondere in den Bundesländern, in denen üblicherweise zwischen der Mitteilung des Gerichtspräsidenten und der beschließenden Sitzung der Vertretung bzw. des Jugendhilfeausschusses nur eine geringe Zeitspanne liegt. So terminieren einige Länder die Mitteilung der Gerichtspräsidenten auf den April des Wahljahres, erwarten den Beschluss über die Vorschlagslisten aber bereits im Juni. Bei solch kurzen Fristen empfiehlt sich eine Vorabinformation der Organisationen wie der Bürger.

  • 2. In meinem Bundesland waren in der vergangenen Schöffenwahl die Vorschlagslisten bis spätestens 21. Juni aufzustellen. Unser Terminplan sah Gemeinderatssitzungen für den 26. April und 24. Juni vor. Für den Fall, dass in der kommenden Wahl erneut eine solche Konstellation auftritt: Hätte der Beschluss über die Vorschlagsliste auch erst am 24.06. gefasst werden dürfen?

    Grundsätzlich sind die Fristen der Verwaltungsvorschriften verbindlich. Ihr Sinn und Zweck ist, eine einheitliche Verwaltungspraxis zu gewährleisten sowie die Arbeit der beteiligten Stellen zu koordinieren. Die hier wichtige Frist ist die zeitgleiche Übersendung der Vorschlagsliste an das Amtsgericht zum vorgegebenen Zeitpunkt, damit der Vorsitzende des Schöffenwahlausschusses dessen Sitzung ordnungsgemäß vorbereiten kann. Die Verwaltungsvorschriften geben den kommunalen Wahlorganen nach dem Beschluss der Vorschlagsliste in der Regel noch einen Monat Zeit bis zum Ende der „Auflegung“ der Liste und weitere drei Wochen bis zur Übersendung an das Amtsgericht. Die Fristüberschreitung von drei Tagen bei dem Beschluss über die Vorschlagsliste kann bis zur Frist der Übersendung an das Amtsgericht wieder aufgeholt werden, sodass die Arbeit der nachfolgenden Behörde nicht tangiert wird. Auf die Wirksamkeit der Schöffenwahl hätte diese Fristüberschreitung ohnehin keine Auswirkung.

     

  • 3. Was passiert, wenn sich nicht genügend Personen freiwillig als Bewerber melden?

    Es gibt zwei Möglichkeiten. Wird die doppelte Zahl nur geringfügig unterschritten, kann es mit der geringeren Zahl sein Bewenden haben. Die gesetzliche Regelung der doppelten Bewerberzahl bezieht sich in § 36 Abs. 4 GVG auf die Vorschlagslisten des Bezirks des Amtsgerichts, in die „mindestens doppelt so viele Personen aufzunehmen [sind], wie als erforderliche Zahl von Haupt- und Ersatzschöffen nach § 43 bestimmt sind“. Da andere Gemeinden möglicherweise mehr als das Doppelte vorschlagen, gleicht sich dieses Defizit einer Gemeinde auf der gesamten Vorschlagsliste des Amtsgerichtsbezirks wieder aus. Wird die doppelte Zahl erheblich unterschritten, kann (so unerwünscht dies immer ist) auf das Zufallsverfahren zurückgegriffen werden. Dabei sollte auf jeden Fall beachtet werden, dass nur Personen auf die Vorschlagsliste genommen werden, die von ihrer „Auslosung“ benachrichtigt wurden und der Aufnahme zugestimmt haben.

  • 4. Darf die Jugendgerichtshilfe die Vorschlagslisten für die Jugendschöffen erstellen oder gibt es rechtliche Einwände?

    Für die Antwort kommt es darauf an, was unter „erstellen“ zu verstehen ist. Wenn darunter das „Aufstellen“ der Vorschlagsliste nach § 36 GVG, auf den § 35 JGG verweist, gemeint ist, ist diese Aufgabe allein dem Jugendhilfeausschuss (JHA) vorbehalten; eine Delegation auf die Verwaltung ist unzulässig und würde eine spätere Wahl der Personen als Schöffen unwirksam machen. Soweit mit „erstellen“ nur die Vorbereitung der Vorschlagsliste (Erstellung der Beschlussvorlage für den JHA) durch die Verwaltung des Jugendamtes gemeint ist, kann grundsätzlich jeder Mitarbeiter des Jugendamtes mit dieser Aufgabe betraut werden. Es wird allerdings davon abgeraten, die Jugendgerichtshilfe (als Teil des Jugendamtes) zuständig zu machen. Nach § 34 Abs. 1 Nr. 5 GVG sind Gerichtshelfer – also auch die Jugendgerichtshelfer – vom Amt des Schöffen ausgeschlossen. Das hindert zwar nicht, einen Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe mit der Aufgabe zu betrauen (ein Jugendgerichtshelfer wird kaum in Betracht kommen). Das sollte aber nicht als Zuständigkeit der Jugendgerichtshilfe deklariert werden. Die Nähe der Jugendgerichtshilfe zum Jugendgericht und das (außergerichtliche) Wissen um die jugendlichen Angeklagten ist der Grund für den Ausschluss der Gerichtshelfer als Schöffen. Es sollte nicht der Verdacht aufkommen, dass insoweit ein Einfluss auf die Auswahl der Schöffen genommen wird (werden könnte). Für die Erstellung der Verwaltungsvorlage zum Beschluss der Vorschlagsliste ist die Verwaltung des Jugendamtes insgesamt zuständig. Das ergibt sich z. B. aus der Zuständigkeit des Jugendamtes zur Veröffentlichung der Vorschlagsliste (§ 35 Abs. 3 Satz 3 und 4 JGG). Kurz: Die Mitwirkung eines Mitarbeiters der Jugendgerichtshilfe bei der Erstellung der Verwaltungsvorlage ist unproblematisch, eine Übertragung auf die Jugendgerichtshilfe erscheint problematisch und ist darüber hinaus auch nicht erforderlich.

B. Bekanntmachung der Wahl

  • 1. Bisher wurde in unserer Stadt auf einen öffentlichen Aufruf zur Schöffenwahl verzichtet und die im Gemeinderat vertretenen Fraktionen gebeten, entsprechend ihrer Stärke im Rat nach dem d’Hondtschen Höchstzahlverfahren Bewerber zu benennen. Das soll dieses Mal anders geschehen. Sollte sich jetzt nach einem öffentlichen Aufruf eine weitaus größere Zahl von Bewerbern als erforderlich melden, muss der Rat eine aufwändige Abstimmung durchführen. Das Gericht hat bei den letzten Wahlen stets darauf hingewiesen, dass die Vorschlagsliste exakt die vorgegebene Zahl beinhalten soll. Oder dürfen auch mehr Bewerber auf die Liste genommen werden?

    Sie dürfen dem Gericht auch mehr Vorschläge machen als die Zahl der (mitgeteilten) erforderlichen Schöffen, da gemäß § 36 GVG in die Vorschlagslisten „mindestens“ doppelt so viele Personen aufzunehmen sind, wie an Schöffen benötigt werden. Um wie viele Personen die Liste überschritten werden darf, ist im Gesetz nicht geregelt; es gibt dazu auch keine ausdrückliche Rechtsprechung. Der Rat der Gemeinde muss sich ohnehin ein Bild über die Bewerber verschaffen. Ein bloßes „Abnicken“ entspricht nicht der Bedeutung des Amtes. Um ein (zu) aufwändiges Verfahren in der Sitzung der Vertretung zu vermeiden, kann im Vorfeld z. B. durch einen Ausschuss (etwa im Hauptausschuss), den Ältestenrat oder die Fraktionen geklärt werden, wer auf die Liste soll. Dabei muss beachtet werden, dass der Rat nicht einfach diese Absprache kommentarlos übernehmen darf. Das Protokoll muss ausweisen, dass noch in der Sitzung die Möglichkeit bestand, weitere Vorschläge zu machen oder Streichungen vorzunehmen. Ob solche Personen dann tatsächlich aufgenommen werden, ist unerheblich. Es muss lediglich die Möglichkeit zu alternativer Entscheidung bestanden haben. Der BGH hat dies für den Schöffenwahlausschuss so entschieden (Urteil vom 19.01.1988, BGHSt 35, 190). Das gilt entsprechend für die Entscheidung des Rates der Gemeinde. Hilfreich ist auch, wenn die Verwaltung in der Beschlussvorlage hinsichtlich einzelner Bewerber Hinweise zur Eignung oder zu einem möglichen Ausschluss vom Amt macht.

C. Inhalt der Vorschlagsliste

  • 1. Nach den von der Landesjustizverwaltung zur Verfügung gestellten Formularen zur Aufstellung der Vorschlagsliste in unserem Bundesland sollte auch der Familienstand angegeben werden. Dieser ist in den Bewerbungsformularen, die Sie auf ihrer Webseite zur Verfügung stellen, nicht zu finden. Hat sich hier etwas geändert?

    Die für die Schöffenwahl notwendigen Daten, zu deren Abgabe die Bewerber verpflichtet sind, sind in § 36 Abs. 2 Satz 2 GVG aufgeführt. Der Familienstand gehört nicht dazu. Die Verwaltungsvorschriften Ihres Bundeslandes zur Schöffenwahl verlangen den Familienstand als notwendige Angabe nicht. Lediglich das amtliche Formular sieht dies vor. Unklar ist, welchem Zweck die Angabe dienen soll. Aus § 42 Abs. 2 GVG (angemessene Beteiligung aller Gruppen der Bevölkerung) kann die Erforderlichkeit der Angabe nicht hergeleitet werden, weil der Gesetzgeber in dieser Vorschrift den Familienstand als Kriterium nicht aufgeführt hat und dieser auch nicht zur „sozialen Stellung“ im Sinne des § 42 GVG zu rechnen ist. Für die Geeignetheit des Schöffenamtes – auch als Jugendschöffe – ist der Familienstand unerheblich.

  • 2. Die Städte und Gemeinden in unserem Bundesland sind in früheren Wahlen aufgefordert worden, Bewerber mit rechtsextremistischen Einstellungen von der Vorschlagsliste „fernzuhalten“. Wäre es zulässig, im Bewerbungsbogen folgenden Text aufzunehmen: „Ich distanziere mich von Gruppen und Bestrebungen, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die freiheitlich-demokratische Grundordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren.“

    Die politische Einstellung eines Bewerbers spielt grundsätzlich für die Eignung als Schöffe keine Rolle. Anders ist es nach der Rechtsprechung des BVerfG, wenn ein Bewerber die verfassungsmäßige Ordnung bekämpft. Dann können aktive Schöffen gemäß § 51 GVG aus dem Amt entlassen werden. Daher ist es nur konsequent, wenn sie – sofern dies bei der Wahl bekannt ist – gar nicht erst in das Amt gewählt werden bzw. von Gemeinde oder JHA auf die Vorschlagsliste genommen werden. Im Bundesjustizministerium ist diskutiert worden, eine entsprechende Ergänzung im Deutschen Richtergesetz vorzunehmen. Die Ergänzung, die Sie vorschlagen, kann in den Bewerbungsbogen aufgenommen werden, weil sie durch das GVG abgedeckt ist. Da sie in § 36 GVG nicht ausdrücklich aufgeführt ist, gehört eine solche Erklärung zu den freiwilligen Angaben, zu dessen (insbesondere wahrheitsgemäßen) Abgabe niemand gezwungen werden kann. Allerdings ist es der Gemeindevertretung unbenommen, aus der Nichtabgabe einer solchen Erklärung Rückschlüsse zu ziehen. Eine falsche Angabe hätte allerdings keine Konsequenzen. Sollte sich im Laufe der Amtsperiode jedoch herausstellen, dass ein Schöffe rassistisches, fremdenfeindliches oder verfassungsfeindliches Gedankengut vertritt und somit nicht die gebotene Neutralität gegenüber jedem Angeklagten einhält, liegt darin eine gröbliche Verletzung seiner Amtspflicht, sodass er nach § 51 GVG seines Amtes enthoben werden kann. Richtig ist natürlich, dass die Wahlgremien vorher dafür sorgen sollten, dass solch eine Person nicht in das Schöffenamt berufen wird, da auf jeden Fall durch diese Person das Amt als solches in seinem Ansehen geschädigt wird. Es ist allerdings davon abzuraten, die Mitgliedschaft in einer bestimmten Partei ausdrücklich zum Ausschlusskriterium zu machen. Da niemand ein Recht darauf hat, gewählt zu werden, kann die Nichtwahl einer bekanntermaßen extremistischen Person nicht erfolgreich mit Rechtsmitteln angegriffen werden. Es muss auch niemand aus dem Wahlgremium (Vertretung, JHA) sein Wahlverhalten begründen.

D. Bewerbung

  • 1. Die Verwaltungsvorschrift unseres Bundeslandes bestimmt, dass die Gemeinden darauf hinwirken sollen, dass dieselbe Person nicht auf beiden Vorschlagslisten für Erwachsenen- und Jugendschöffen stehen soll. In Ihren Seminarunterlagen der Fortbildungsveranstaltungen für Kommunalverwaltungen steht, dass dies durchaus zulässig ist und die Entscheidung der Wahlausschuss am Amtsgericht trifft. Wie verbindlich ist die Vorgabe der Verwaltungsvorschrift? Wie ist mit Doppelbewerbungen zu verfahren?

    Aus dem Text der Verwaltungsvorschrift, dass die Gemeinden „darauf hinwirken sollen“, dass sich dieselbe Person nicht zweimal bewirbt, wird schon deutlich, dass Sie gar nicht verhindern können, dass zwei Bewerbungen erfolgen. Es gibt keinen Ausschlussgrund für eine doppelte Bewerbung. Sie sind aber unerwünscht. Doppelwahlen müssen verhindert werden, weil niemand in zwei Schöffenämter gewählt werden kann. Geschieht dies trotzdem, gilt der Rechtsgedanke des § 77 Abs. 4 GVG, wonach der Gewählte dasjenige Amt ausüben muss, zu dem er zuerst einberufen wird, d. h. die Nachricht von seiner Wahl bekommt. Damit sinkt die Zahl der Gewählten in dem jeweiligen anderen Amt. Für die Verhinderung einer solchen Doppelwahl gibt es zwei Ansatzpunkte. Der erste liegt im Einflussbereich der kommunalen Verwaltungen. Hat eine Verwaltung Kenntnis von zwei Bewerbungen, vermerkt sie dies in der jeweiligen Beschlussvorlage des Gremiums, für das sie zuständig ist. In kreisfreien Städten ist dies in der Regel unproblematisch, weil sich die an der Aufstellung der Vorschlagslisten für die allgemeinen und die Jugendschöffen beteiligten Verwaltungseinheiten verständigen können. Schwieriger ist die Abstimmung zwischen den Kommunen (für die Schöffen in Strafverfahren gegen Erwachsene) und dem Jugendamt beim Kreis (für Jugendschöffen), wenn Personen sich bei beiden Behörden getrennt bewerben.
    Der zweite Ansatzpunkt liegt beim Schöffenwahlausschuss. Da Erwachsenen- und Jugendschöffen von demselben Ausschuss gewählt werden (nur der Vorsitz kann wechseln), kann (und soll) der Vorsitzende bei der Vorbereitung der Sitzung nach § 39 GVG Doppelbewerbungen kennzeichnen und die Mitglieder des Schöffenwahlausschusses darüber informieren. Diese entscheiden dann, ob der Bewerber als Erwachsenen- oder Jugendschöffe oder gar nicht gewählt wird.

  • 2. Ein Bewerber hat die Frage im Bewerbungsbogen, ob er nicht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt ist, nicht beantwortet. In der Begründung seiner Bewerbung gibt er an, dass er sich mit „den Gedanken und Gefühlen eines Angeklagten auskennen würde“. Wie ist mit der Bewerbung zu verfahren?

    Eine Nachfrage bei dem Bewerber dürfte sich angesichts der Bemerkung erübrigen, da es sich offensichtlich nicht um ein Versehen beim Ausfüllen des Bewerbungsbogens handelt. Die Verwaltung kann in der Beschlussvorlage in der Rubrik „Bemerkungen“ den Hinweis aufnehmen: „Zu Frage Nr. X keine Angaben.“ Jeder Gemeindevertreter kann die Unterlagen einsehen und entsprechende Schlüsse ziehen. Wird der Bewerber gewählt, wird nach seiner Wahl ohnehin eine Anfrage beim Bundeszentralregister gestellt. Wenn dort eine Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verzeichnet ist, wird er von der Schöffenliste gestrichen. 

  • 3. Wie ist mit Bewerbungsformularen zu verfahren, die vollständig ausgefüllt und unterschrieben sind, aber per Fax oder online der hiesigen Dienststelle übermittelt werden? Sollten die Bewerbungen zusätzlich auf dem Postweg übersandt werden, damit die Originalunterschrift des Bewerbers vorliegt?

    Dieser Aufwand ist überflüssig. Der Grund für eine solche Forderung könnte nur in einem Ausschluss von gefälschten Bewerbungen liegen. Auch eine Bewerbung mit Originalunterschrift kann mangels Vergleichsunterschrift nicht darauf geprüft werden, ob die Bewerbung tatsächlich von der Person stammt, die auf dem Bogen steht. Dann müsste schon eine notarielle Beglaubigung (!) der Unterschrift verlangt werden oder alle Bögen durch das Amt für Pass- und Meldewesen mit den dort vorhandenen Unterschriften verglichen werden. Diese Erwägungen dürften deutlich machen, dass ein solcher Aufwand überzogen wäre. Stattdessen ist es richtig, den Bewerbern die Anmeldung einfach zu machen und Telefaxe und E-Mails entgegenzunehmen.

  • 4. Aus welchem Grund ist in Ihrem Muster-Bewerbungsformular bei der Frage nach der Verurteilung der Zeitraum auf 10 Jahre festgelegt worden? Nach dem Gesetz gilt der Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter meines Erachtens nur für die letzten 5 Jahre, § 45 StGB. Welche zusätzliche Regelung ist zu berücksichtigen?

    Hier ist zu unterscheiden zwischen dem Ausschluss von allen öffentlichen Ämtern (5 Jahre) und dem Ausschluss speziell vom Schöffenamt. Neben dem Ausschluss von der Bekleidung öffentlicher Ämter führt eine Vorstrafe von mehr als sechs Monaten zur Unfähigkeit der Übernahme des Schöffenamtes (wozu zwangsläufig jede Straftat gehört, die zum Ausschluss von der Bekleidung öffentlicher Ämter führt, da die deswegen verhängte Strafe regelmäßig höher ist). Der Ausschluss vom Schöffenamt wegen einer Verurteilung gilt solange, bis die Vorstrafe im Bundeszentralregister (BZR) getilgt ist. Die Fristen bis zur Tilgung hängen von Art und Zahl der Vorstrafen ab. Aus Vereinfachungsgründen wurde die kürzeste der infrage kommenden Fristen nach § 46 Nr. 2 BZRG gewählt. Das schließt nicht aus, dass im Einzelfall jemand länger ausgeschlossen ist, weil seine Vorstrafe erst nach 15 (§ 46 Nr. 4 BZRG) oder 20 Jahren (§ 46 Nr. 3 BZRG) getilgt wird. Diese (höchst seltenen) Fälle würden sich dann bei der Überprüfung nach der Wahl zum Schöffen herausstellen. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen: Eine Tilgungsfrist von lediglich 5 Jahren besteht bei einer Verurteilung zu Jugendstrafe bis zu einem Jahr oder Jugendstrafe bis zu zwei Jahren, wenn die Strafe oder ein Strafrest zur Bewährung ausgesetzt worden ist, sowie zu Jugendstrafe von mehr als zwei Jahren, wenn ein Strafrest nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden ist. Das Problem dieser kürzeren (Sperr)Frist dürfte sich aber bis zum 25. Lebensjahr, nach dessen Vollendung eine Wahl zum Schöffen erst möglich ist, erledigt haben, sodass darauf nicht gesondert eingegangen werden muss.

  • 5. Einige Interessenten fügen dem Bewerbungsformular Lebensläufe oder Arbeitszeugnisse bei. Sollten diese später mit der genehmigten Vorschlagsliste an das Gericht geschickt werden?

    Wenn Bewerber freiwillig solche Unterlagen übersenden, gehen sie höchstwahrscheinlich davon aus, dass ihnen diese in dem Wahlverfahren von Vorteil sein werden und sind mit der Übersendung an die Gremien (auch Schöffenwahlausschuss) einverstanden. Auf diese Verwendung wird in dem von uns vorgeschlagenen Formular ausdrücklich hingewiesen.

  • 6. Ein Bewerber für das Amt des Jugendschöffen teilt mit, dass er bei dem hiesigen Bürgerbüro eine Auskunftssperre erwirkt hat. Er bittet darum, dass seine Wohnadresse nicht veröffentlicht und er nur über ein bestimmtes Postfach, seine E-Mail-Adresse oder telefonisch kontaktiert wird. Bestehen Bedenken, ihn auf die Vorschlagsliste zu setzen?

    Der Bitte des Bewerbers ist der Gesetzgeber hinsichtlich der Veröffentlichung seiner Anschrift bereits nachgekommen. Es wird bei der Auflegung der Vorschlagsliste nur noch der Wohnort, ggf. der Ortsteil angegeben. Das ist zwar bei der angestrebten Verhinderung von extremistischen Bewerbern hinderlich, aber der Datenschutz will es so. Es werden nur die in § 36 Abs. 2 Satz 2 GVG vorgesehenen Daten veröffentlicht. Leider hat der Gesetzgeber damit für Unklarheiten gesorgt, da ein Unterschied zwischen den Daten, die für die Bewerbung und die spätere Verwendung beim Gericht erforderlichen und den zur Veröffentlichung vorgesehenen Daten besteht. Natürlich benötigt das Gericht die Anschrift des Schöffen, um ihm die Ladung zum Termin (insbesondere in sensiblen Verfahren) prüfungssicher zustellen zu können. Ein ausschließlicher Kontakt über ein Postfach oder eine E-Mail-Adresse ist schwer vorstellbar. Die Ausrede, die Ladung sei im Spam-Ordner gelandet und nicht registriert worden, ist vorhersehbar. Auch die diversen Überprüfungen wegen Vorstrafen, Insolvenz oder Betreuung bedürfen zur sicheren Identifizierung der Person der Anschrift und nicht nur vager Ortsangaben. Offen gesagt, sollte überlegt werden, ob ein Bewerber, der sich – aus welchem Motiv auch immer – so bedeckt hält, für ein solches Amt geeignet ist. In der laufenden Amtsperiode ist eine Schöffin aus dem Verfahren ausgeschlossen worden, die angekündigt hat, aus Angst vor den Angeklagten auf jeden Fall für einen Freispruch zu stimmen. Mut zum Richten gehört zum Amt.

  • 7. Ein Interessent für das Schöffenamt fragt, ob er das Ehrenamt auf jeden Fall komplett über den Zeitraum von 5 Jahren ausüben muss, auch wenn er nach einem Jahr feststellt, dass er dem Amt eigentlich nicht gewachsen ist, es ihm nicht gefällt bzw. er sich etwas anderes darunter vorgestellt hat. Das GVG enthält m. E. darüber keine eindeutige Regelung.

    Die Rechtslage ist eindeutig. Grundsätzlich ist das Ehrenamt während der gesamten 5 Jahre auszuüben. Ein Ausstieg aus den in der Frage aufgeführten Gründen ist nicht möglich. Die Gründe, das Amt vorzeitig abzugeben, sind im GVG abschließend aufgeführt: a) wenn ein Schöffe während eines Geschäftsjahres an mehr als 24 Sitzungstagen an Sitzungen teilgenommen hat (§ 52 Abs. 2 Nr. 2 GVG), b) wenn nachträglich Umstände eintreten oder bekannt werden, wonach der Schöffe zum Amt unfähig oder ungeeignet ist (§ 52 Abs. 1 i. V. m. §§ 32–34 GVG) oder c) wenn nachträglich Gründe eintreten, nach denen der Schöffe die Wahl ablehnen konnte (§ 53 Abs. 1 GVG).

  • 8. Immer wieder wird von potenziellen Bewerbern gefragt, mit wie vielen Einsätzen und Zeitaufwand im Falle der Wahl gerechnet werden muss. Welche Antwort kann ich den Interessenten geben, da dem GVG keine Regelung zu entnehmen ist?

    Das GVG regelt, dass so viele Hauptschöffen gewählt werden, dass jeder nicht zu mehr als 12 Hauptverhandlungen im Jahr herangezogen wird. Wie lange jedoch eine Hauptverhandlung dauert, kann höchst unterschiedlich sein. Während beim Amtsgericht die Mehrzahl aller Verfahren an einem Tag erledigt ist, kann ein Verfahren bei einer Großen Strafkammer des Landgerichts durchaus länger dauern. Verfahren bei einem Schwurgericht oder einer Wirtschaftsstrafkammer können sich auch über Wochen und Monate hinziehen. Die Dauer eines Verfahrens hängt also vom Einzelfall ab. Sicher ist nur, dass jeder Schöffe von der ersten bis zur letzten Sekunde an der Hauptverhandlung teilnehmen muss, da das Prinzip der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit des Strafverfahrens gebietet, dass jeder Richter über alles informiert sein muss, was in der Hauptverhandlung erörtert wurde – gleichgültig wie lange das Verfahren dauert.
    Wie oft ein Ersatzschöffe zum Einsatz kommt, lässt sich überhaupt nicht vorhersagen. Die Zahl der Einsätze eines Ersatzschöffen hängt davon ab,

    • wie viele Vertretungsfälle für Hauptschöffen es bei dem Gericht gibt,
    • ob im Laufe des Geschäftsjahres ein neuer Spruchkörper eingerichtet wird,
    • ob Sondersitzungen abgehalten werden oder auch,
    • ob Ergänzungsschöffen zum Einsatz kommen.

    In all diesen Fällen werden die Schöffen für den jeweiligen Hauptverhandlungstag (wie lange der auch immer dauert) aus der Ersatzschöffenliste rekrutiert. Eine statistische Auswertung besagt allerdings, dass im Durchschnitt deutschlandweit der Einsatz aller Schöffen 6,5 Tage beträgt, weil den Umfangsverfahren auf der anderen Seite in vielen Gerichten eine zu hohe Zahl an Schöffen gegenübersteht, was zu selteneren Einsätzen führt.

  • 9. Wie lange vor der Verhandlung wird ein Schöffe vor der Hauptverhandlung geladen?

    Einem Hauptschöffen werden die (möglichen) Sitzungstage am Jahresende für das ganze Jahr im Voraus mitgeteilt. Dabei handelt es sich um die Tage, an denen eine Hauptverhandlung beginnen kann. Wie lange sie dauert, ist (siehe Antwort D.8) nur im Einzelfall zu beantworten. Die Mitteilung bedeutet nicht, dass tatsächlich an diesem Tag eine Verhandlung für den Hauptschöffen beginnt. Stehen keine verhandlungsreifen Sachen an, ist der Vorsitzende im Urlaub oder läuft bereits eine andere lang andauernde Hauptverhandlung, kommt der auf diesen Tag ausgeloste Schöffe nicht zum Einsatz. Findet eine Verhandlung tatsächlich statt, ist die gesetzliche Ladungsfrist für den Angeklagten mindestens eine Woche. Die Schöffen erhalten aber in aller Regel drei, vier Wochen vorher Bescheid. Findet eine Verhandlung nicht statt, sollte das Gericht frühzeitig Bescheid sagen. Leider tun dies nicht alle Gerichte im gebotenen Maße. Dann müssen sich Schöffen auch schon mal durchsetzen mit dem Hinweis, dass auch das Gericht Rücksicht auf die Belange der Schöffen zu nehmen hat.
    Der Ersatzschöffe kann die Ladung zum Termin im Einzelfall auch kurzfristig bekommen. Für die Mitglieder des Gerichts gibt es keine gesetzliche Ladungsfrist. Fällt am Tage der Hauptverhandlung ein Hauptschöffe aus, kann sofort ein Ersatzschöffe antelefoniert und zur Verhandlung am gleichen Tag geladen werden. Geladen wird die Person, die zum Zeitpunkt des Einsatzgrundes auf der Ersatzschöffenliste an erster Stelle steht. Insoweit ist der Einsatzzeitpunkt langfristig nicht vorhersehbar. Wird die an erster Stelle der Ersatzschöffenliste stehende Person nicht erreicht, wird die nächste auf der Liste angerufen. Die nicht erreichte Person rückt dann an das Ende der Ersatzschöffenliste und muss auf den nächsten Einsatz so lange warten, bis sie wieder an der Spitze der Liste steht.

  • 10. Es ist eine Bewerbung abgegeben worden von einer Person, die den Wohnungsstatus „nach unbekannt abgemeldet“ besitzt. Sie ist beim Einwohnermeldeamt schon länger bekannt, kann und will sich nicht wieder unter ihrer bei der Bewerbung angegebenen Anschrift anmelden. Gibt es eine gesetzliche Grundlage, ihr eine Absage zu erteilen?

    Bei dieser Frage sind zwei Bereiche strikt voneinander zu trennen. Bei der Schöffenwahl gilt hinsichtlich der Voraussetzung „Wohnort in der Gemeinde“ (§ 33 Nr. 3 GVG) der sog. zivilrechtliche Wohnungsbegriff nach § 7 BGB. Das heißt, man hat dort seinen Wohnsitz (und ist als Schöffe wählbar), an dem man sich ständig aufhält. Nach § 7 Abs. 2 BGB kann man an mehreren Orten gleichzeitig seinen Wohnsitz haben. Die Frage, wo man gemeldet sein muss, ist nach den meisten Landesmeldegesetzen anders zu beurteilen als nach dem BGB. Wenn sich die Person nicht anmelden will, obwohl sie dazu melderechtlich verpflichtet ist, stellt sich die Frage, ob gegen sie ein Bußgeldverfahren eingeleitet wird. Das hilft im Wahlverfahren aber nicht weiter.
    Nach § 33 Nr. 3 GVG i. V. m. § 7 BGB kann sie sich also – wenn sonst keine Hinderungsgründe bestehen – bewerben. Der Gesetzgeber war mit der Änderung von § 36 Abs. 2 GVG nicht besonders hilfreich (siehe Antwort D.6). Eine andere Frage ist, ob man jemanden, der seinen gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachkommt (wenn das das Ergebnis der melderechtlichen Überprüfung sein sollte), von der Gemeinde auf die Vorschlagsliste gesetzt werden sollte. Diese Entscheidung trifft aber nicht die Verwaltung, sondern der Rat der Stadt (bzw. der Jugendhilfeausschuss), der die Eignung des Bewerbers beurteilt.
    Für die Verwaltung bedeutet das, dass die Mitarbeiter keine große Debatte mit dem Bewerber führen müssen, sondern die Bewerbung in die Verwaltungsvorlage mit einem entsprechenden Vermerk aufnimmt. Dann muss das zuständige Gremium entscheiden, ob der Bewerber auf die Vorschlagsliste genommen wird. Jede einzelne Person auf der Liste bedarf der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit. Wird der Bewerber nicht auf die Liste gewählt, muss das ihr gegenüber nicht begründet werden.

  • 11. Es gehen vermehrt Anfragen von interessierten Bürgern ein, die gerne mit einem amtierenden Schöffen Kontakt aufnehmen möchten. Das zuständige Amtsgericht konnte mir nicht mitteilen, ob die Kontaktdaten der amtierenden Schöffen öffentlich sind bzw. ob ich diese an die Interessierten weitergeben darf. Können Sie weiterhelfen?

    Es ist verständlich, dass das Amtsgericht ohne Zustimmung der Betroffenen die Privatanschriften nicht herausgeben will. Es kann auch nicht empfohlen werden, dass die Verwaltung ihr bekannte Anschriften mitteilt. Es gibt aber verschiedene Wege, trotzdem zum Erfolg zu kommen. So kann ein Seminar, das eine VHS oder ein Erwachsenenbildungsträger durchführt, besucht werden. Interessenten können auch über die Facebook-Seiten „Ehrenamtliche Richter“ oder „Wir Schöffen“ versuchen, einen Ansprechpartner zu finden. Eine Möglichkeit ist auch, dass Interessenten ein Verfahren im Amtsgericht oder Landgericht besuchen und in einer Pause oder im Anschluss an die Verhandlung versuchen, mit einem Schöffen zu sprechen (selbstverständlich nicht über das laufende Verfahren).

E. Ausschlussgründe

  • 1. Ein Bewerber will ausschließlich Schöffe beim Amts- oder Landgericht in der Kreisstadt des Nachbarkreises werden, da er dort arbeitet. Muss unsere Verwaltung die Bewerbung entgegennehmen?

    Ein Bewerber kann nur auf die Vorschlagsliste der Gemeinde genommen werden, in der er wohnt. Das ergibt sich aus § 33 Nr. 3 GVG. Die Verwaltung der Wohnortgemeinde muss daher die Bewerbung nicht entgegennehmen, da sie für die Bewerbung zu anderen Gerichten als denen ihres Gebietes keine Kompetenz hat.

  • 2. Ein an dem Ehrenamt des Schöffen interessierter Bürger fragt, ob er sich als Angestellter eines Bildungswerks als Schöffe bewerben könne. Er sei von seinem Arbeitgeber als Ausbilder für anerkannte Ausbildungsberufe Metall in einer JVA im geschlossenen Jugendstrafvollzug tätig. Fällt dieser Bewerber damit in die Personengruppe, die als im Strafvollzug Tätige nach § 34 GVG nicht gewählt werden sollen?

    Nach § 34 GVG sind „Bedienstete“ des Strafvollzugs vom Schöffenamt ausgeschlossen. Die Person muss also in einem Beschäftigungsverhältnis als Beamter oder öffentlicher Tarifbeschäftigter zum Strafvollzug, d. h. zu dem Land stehen. Der Bewerber steht jedoch in einem privaten Arbeitsverhältnis zum Bildungswerk, das wohl seinerseits im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrages den Mitarbeiter an die JVA abstellt. Dieser dürfte also nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur JVA (rsp. dem Land) stehen, sodass seiner Bewerbung nichts im Wege steht.

  • 3. Ein Interessent für das Schöffenamt ist auch ehrenamtlicher Richter am Sozialgericht und fragt, ob § 34 Abs. 1 Nr. 4 GVG auf ihn zutreffe (Richter sollen nicht berufen werden). Ist § 34 GVG so zu verstehen, dass nur hauptberuflich tätige Richter ausgeschlossen sind?

    Da der Ausschluss nach § 34 GVG der Gewaltenteilung dient, sind nur die Berufsrichter ausgeschlossen. Das ergibt sich auch daraus, dass nach § 35 Nr. 2 lit. c GVG derjenige, der bereits als ehrenamtlicher Richter (in einer anderen als der Strafgerichtsbarkeit) tätig ist, das Schöffenamt ablehnen kann. Man kann also durchaus in mehreren Gerichtsbarkeiten ehrenamtlicher Richter sein. Die hinter der Frage stehende Unterscheidung zwischen Schöffen und ehrenamtlichen Richtern besteht nicht. Schöffen sind ehrenamtliche Richter in der Strafgerichtsbarkeit, die nach § 45a DRiG einen besonderen Namen führen.

  • 4. Ein Bewerber gibt als Beruf „Gesundheits- und Krankenpfleger, Maßregelvollzug Land N.“ an. Gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 5 GVG sollen Bedienstete des Strafvollzuges nicht zu Schöffen berufen werden. Sind unter „Bedienstete des Strafvollzuges“ alle Beschäftigten zu verstehen, die im Strafvollzug tätig sind, unabhängig davon, ob sie Beamte oder Tarifbeschäftigte sind? Darf der Bewerber in die Vorschlagsliste aufgenommen werden?

    Wenn der Bewerber Bediensteter des Strafvollzugs wäre, wäre er unabhängig von seiner Dienststellung vom Schöffenamt ausgeschlossen. Die entscheidende Frage ist hier, ob der Maßregelvollzug Strafvollzug i. S. d. § 34 Abs. 1 Nr. 5 GVG ist. Die Antwort hängt davon ab, ob man den Ausschluss des Strafvollzugs vom Schöffenamt eng oder weit auslegt. Grundsätzlich ist der Maßregelvollzug vom Strafvollzug zu unterscheiden. Da gemäß Art. 33 GG alle Deutschen gleichen Zugang zu den öffentlichen Ämtern nach Eignung und Befähigung haben, sind nur diejenigen ausgeschlossen, deren Ausschluss gesetzlich geregelt ist. Grundsätzlich ist der Maßregelvollzug nach deutschem Recht kein Strafvollzug. Für den Vollzug der Sicherungsverwahrung hat der EGMR in einer Entscheidung darauf hingewiesen, dass in Deutschland eine große Nähe zum Strafvollzug besteht, weil dieser Vollzug in gesonderten Abteilungen der Justizvollzugsanstalten erfolgt (Urteil vom 17.12.2009, 19359/04, NJW 2010, S. 2495). Nach einer Gesetzesänderung in Deutschland 2012 sieht der EGMR die Sicherungsverwahrung nicht mehr als Strafe an, sondern als präventive Maßnahme, wenn der Schwerpunkt der Maßregel auf einem guten Therapieangebot liegt (Urteil vom 04.12.2018, 10211/12, 27505/14, NJW 2019, S. 3765). Soweit der Bewerber im Maßregelvollzug nach § 63 StGB (Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus) tätig ist, bestehen keine Bedenken, weil diese Maßregel getrennt vom Strafvollzug vollstreckt wird. Da Maßregelvollzug kein Strafvollzug ist, sind dessen Mitarbeiter nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht ausgeschlossen. Man kann sich aber auch auf den Standpunkt stellen, dass der Ausschluss des Strafvollzuges in analoger Anwendung auch auf den Maßregelvollzug zutrifft.
    Für die Verwaltung bedeutet dies, dass – weil die Entscheidung der Vertretung bzw. dem JHA vorbehalten ist – der Bewerber in die Verwaltungsvorlage aufzunehmen ist. Die Verwaltung hat keine Kompetenz, diese Streitfrage zu entscheiden. Empfehlenswert ist ein entsprechender Vermerk in der Beschlussvorlage für das zuständige Gremium. Dieses muss keine Begründung für die Wahl oder Nichtwahl des Bewerbers auf die Vorschlagsliste geben.

  • 5. Beamte, die jederzeit einstweilig in den Ruhestand versetzt werden können, sind vom Schöffenamt ausgeschlossen. Dies betrifft m. E. aber prinzipiell alle Beamten. Bisher sind in unserer Gemeinde nur politische Beamte und Vollzugsbeamte ausgeschlossen worden. Lehrer etc. fallen eigentlich nicht darunter. Sind diese dennoch nicht für das Schöffenamt geeignet und wenn ja, warum nicht?

    Das entscheidende Wort in § 34 Abs. 1 Nr. 3 GVG ist „jederzeit“ und betrifft die sog. Politischen Beamten, die ein Amt bekleiden, bei dessen Ausübung sie in fortdauernder Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen Ansichten und Zielen der Regierung stehen müssen (§ 30 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz). Nicht alle Beamte können jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, sondern nur aus bestimmten (begründeten) Anlässen. Welche Beamten konkret unter die Regelung fallen, regelt das Bundes- bzw. jeweilige Landesbeamtengesetz (LBG). Für Berlin regelt z. B. § 46 Abs. 1 LBG, dass „jederzeit“ vom Senat nur Staatssekretäre, die Leiter der Presse- und Informationsabteilung sowie der Protokoll- und Auslandsabteilung der Senatskanzlei und der Generalsekretär der Ständigen Konferenz der Kultusminister in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können. Nach § 34 Abs. 1 Nr. 3 GVG sind nur diese sog. Politischen Beamten ausgeschlossen.

  • 6. Nach § 34 Abs. 1 Nr. 6 GVG sind Religionsdiener vom Schöffenamt ausgeschlossen. Wer ist damit konkret gemeint? Fallen auch Religionslehrer darunter?

    Religionsdiener im Sinne des GVG sind alle Personen, die nach dem Recht der jeweiligen Kirche oder Religionsgemeinschaft damit beauftragt sind, sakrale oder Weihehandlungen vorzunehmen. In den christlichen Kirchen ist das z. B. die Befugnis, die Sakramente zu spenden oder zur Verkündigung des Wortes. Das bedeutet, dass nicht nur hauptberuflich tätige Priester vom Schöffenamt ausgeschlossen sind, sondern auch diejenigen Laien, die zu sakralen Handlungen berufen sind. Das klassische Beispiel dazu wäre etwa der Diakon in der katholischen Kirche, der kirchliche Trauungen vornehmen darf. Mitglieder von kirchlichen Leitungsgremien – wie etwa des Presbyteriums in der evangelischen Kirche – fallen ebenso wenig unter den Begriff des Religionsdieners wie Religionslehrer in der Schule. In Zweifelsfällen empfiehlt es sich, mit der jeweiligen Kirche oder Religionsgemeinschaft Kontakt aufzunehmen und Auskunft darüber zu erbitten, ob ein Bewerber, der ein Kirchenamt ausübt, zu Kult- oder Weihehandlungen befugt ist.

  • 7. Ist eine Bürgerin, die eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht, da sie nicht mehr als 3 Std. pro Tag arbeiten kann, für das Schöffenamt geeignet?

    Schöffen stehen zwar nicht in einem Arbeitsverhältnis zur Justiz; es lässt sich aber kaum leugnen, dass der Sitzungsdienst (z. T harte) Arbeit ist. Der Bewerberin fehlt es offenkundig an der nach § 33 Nr. 4 GVG erforderlichen gesundheitlichen Eignung, die für den langen Sitzungsdienst erforderlich ist, da sich die Hauptverhandlung kaum jedes Mal auf drei Stunden begrenzen lässt.

     

F. Öffentliche Behandlung der Vorschlagsliste/Datenschutz

  • 1. Auf den Webseiten des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein und der Datenschutzbeauftragten von Rheinland-Pfalz und Bayern wird die Auffassung vertreten, dass die Erhebung der Daten nach § 36 GVG nicht dazu berechtige, über die Vorschlagslisten in öffentlicher Ratssitzung zu beraten und beschließen. In unserer Gemeinde soll deshalb in öffentlicher Sitzung über die Vorschlagsliste, die nur den Ratsmitgliedern bekannt ist, abgestimmt werden.

    Öffentliche Stellen dürfen Daten erheben, bearbeiten und nutzen, wenn sie eine gesetzliche Grundlage dazu haben, die Daten für die Aufgabe erforderlich sind und ihre Nutzung verhältnismäßig ist. Diese Ermächtigung hat der Gesetzgeber den Kommunen in § 36 GVG gegeben, und zwar für alle Personen, die sich bewerben (vgl. dazu die Ausführungen zu D. 6 und D.10). Wer sich bewirbt, muss die gesetzlich erforderlichen Daten zur Prüfung der Befähigung zum Schöffenamt angeben, unabhängig davon, ob er in die Vorschlagsliste aufgenommen wird oder nicht. Die Frage, ob die Beratung darüber in öffentlicher oder nichtöffentlicher Sitzung geschieht, richtet sich nicht nach dem GVG, sondern nach dem Kommunalrecht. Danach ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidungen der Vertretung nach dem Demokratieprinzip so weit wie möglich öffentlich zu erfolgen haben. Die Öffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, wer aus ihrer Gemeinde zum Richter berufen wird und wie diese Entscheidung zustande gekommen ist. Erst wenn der Schutz der Persönlichkeit diesen Informationsanspruch überwiegt, ist nichtöffentlich zu beraten und zu beschließen. Die Tatsache, dass jemand nicht gewählt wird, kann zu Spekulationen keinen Anlass geben. Es ist nachgerade das Wesen einer demokratischen Wahl und Entscheidung, dass ein Bewerber keine Berücksichtigung finden kann. Eine Nichtwahl muss auch nicht unbedingt in der Person des Bewerbers liegen. So liegt es durchaus im Interesse der Bevölkerung zu erfahren, ob eventuell nur Bewerber für das Amt berücksichtigt wurden, die den im Rat der Gemeinde vertretenen Parteien angehören oder ob auch politisch ungebundene Bewerber zum Zuge gekommen sind.

G. Vertrauenspersonen

  • 1. Gemäß § 40 Abs. 3 GVG werden die Vertrauenspersonen aus der Einwohnerschaft des Amtsgerichtsbezirks gewählt. Für die Wahl im Kreistag werden die kreisangehörigen Gemeinden um Vorschläge gebeten. Müssen die politischen Vertretungen der kreisangehörigen Gemeinden über diese Vorschläge vorab entscheiden?

    Es ist nur erforderlich, dass die Wahl der Vertrauenspersonen durch den Kreistag erfolgt. Wenn die kreisangehörigen Gemeinden Vorschläge machen, müssen diese nach den Bestimmungen des GVG nicht durch die Vertretungen „abgesegnet“ werden. Allerdings kann sich die Gemeindevertretung die Entscheidung darüber, welcher Bewerber dem Kreistag zur Wahl vorgeschlagen wird, nach den allgemeinen kommunalrechtlichen Regelungen vorbehalten.

  • 2. Dürfen bei der Wahl der Vertrauenspersonen für den Schöffenwahlausschuss und den Jugendschöffenwahlausschuss die gleichen Personen benannt werden?

    Bei jedem Amtsgericht gibt es nur einen Schöffenwahlausschuss, der für die Wahl der Jugend- und Erwachsenenschöffen zuständig ist. Die Vertrauenspersonen für die Wahl der allgemeinen und der Jugendschöffen sind also identisch. Lediglich der Vorsitzende muss bei der Wahl der Jugendschöffen ein Jugendrichter sein.

  • 3. Darf ein Einwohner zur Vertrauensperson gewählt werden, der sich auf einer Vorschlagsliste zur Wahl der Schöffen bzw. Jugendschöffen befindet?

    Ja. Es gibt weder aus Gründen der Befangenheit nach Kommunal- oder Gerichtsverfassungsrecht noch aus dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung einen Grund, einen Bewerber für das Schöffenamt als Vertrauensperson auszuschließen.

Schöffenwahl 2023

Ziel der Kampagne der PariJus gGmbH ist, die Qualität der Beteiligung des Volkes an der Strafjustiz und damit die Rechtsprechung insgesamt zu verbessern.