Sozialstruktur der Schöffinnen und Schöffen
Das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) sieht vor, dass sowohl die Gemeinden und Jugendhilfeausschüsse (bei der Aufstellung der Vorschlagslisten, § 36 Abs. 2 GVG, § 35 Abs. 3 JGG) als auch die Schöffenwahlausschüsse (bei der Wahl der Schöffen in allgemeinen Strafsachen und der Jugendschöffen, § 42 Abs. 2 GVG) alle Gruppen der Bevölkerung nach Geschlecht, Alter, Beruf und sozialer Stellung angemessen berücksichtigen sollen. Zwar handelt es sich dabei nach der Rechtsprechung des BGH um eine bloße Ordnungsvorschrift, deren Nichtbeachtung keinerlei Konsequenzen nach sich zieht. Allerdings korrespondieren diese Vorschriften mit Art. 33 Abs. 2 GG, wonach alle Deutschen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Zugang zu den öffentlichen Ämtern haben.
Eignung geht also vor sozialer Zugehörigkeit, bei bestehender Eignung darf aber niemand wegen des Alters, Geschlechts, Berufs oder der sozialen Stellung benachteiligt werden. Die Vorschriften sind in diesem Lichte so zu lesen, dass alle Bereiche der Bevölkerung Zugang zum Schöffenamt haben und die Wahlgremien darauf achten sollen, dass nicht eine Schieflage zugunsten (z. B. Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes) oder zuungunsten (etwa Frauen) bestimmter sozialer Gruppen entsteht.
Diese Bedingungen haben die Schöffenwahlen in den letzten Jahren nicht immer hinreichend beachtet. Während bei der Vertretung der Frauen in den letzten 40 Jahren gute Fortschritte gemacht wurden (die aber nicht unbedingt deutschlandweit zu verzeichnen sind), waren gewerbliche Arbeitnehmer und Personen unter 40 Jahren deutlich unterrepräsentiert.
Die Bedingungen zu Alter und Beruf können seit einigen Jahren nicht mehr nachverfolgt werden, da die entsprechende Statistik im Jahre 1998 eingestellt wurde. 2000 haben noch drei Länder ihre eigenen Daten veröffentlicht. Danach wurden nur noch die Daten nach der Beteiligung von Frauen und Männern erhoben.
Schöffenstatistik des Bundesamtes für Justiz zum Beginn der Amtsperiode 2019 bis 2023 (Stand: 01.01.2019)
Die Statistik weist nur die Zahl der Hauptschöffen aus, nicht die Zahl der Ersatzschöffen.
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Analysen zur Sozialstruktur der Schöffinnen und Schöffen seit der Schöffenwahl 1988
Lieber, Hasso: Die Ergebnisse der Schöffenwahlen für die Amtszeit 2019 bis 2023. In: RohR 32 (2020), S. 3-7 - Artikel als pdf-Datei
Lieber, Hasso: Die Anteile von Frauen und Männern an den gewählten Hauptschöffen der Amtsperiode 2014 bis 2018. In: RohR 27 (2015), S. 49-53
Lieber, Hasso: Statistik belegt: Zu viele Schöffen gewählt. In: RohR 27 (2015), S. 43-49
Lieber, Hasso: Die Anteile von Frauen und Männern an den gewählten Hauptschöffen der Amtsperiode 2009 bis 2013. In: RohR 23 (2011), S. 3-6
Lieber, Hasso: Zur soziologischen Struktur des Schöffenamtes in Sachsen. In: RohR 23 (2011), S. 7-8
Lieber, Hasso: Die Verteilung von Frauen und Männern bei den Hauptschöffen. Und andere Anmerkungen zum Einsatz der Schöffen ein Jahr nach der Wahl des Jahres 2004. In: RohR 18 (2006), S. 9-12
Lieber, Hasso: Schöffenstatistik 2001: Frauen weiter im Vormarsch. Daten zu Alter und Beruf bleiben im Dunkeln. In: RohR 14 (2002), S. 3-10
Lieber, Hasso: Die Struktur der Schöffen der Amtsperiode 1997 bis 2000 nach Geschlecht, Alter und Beruf. In: RohR 11 (1999), S. 75-81
Lieber, Hasso: Das Ergebnis der Schöffenwahlen 1992 nach Geschlecht, Alter und Beruf. Teil 1. In: RohR 7 (1995), S. 4-6
Lieber, Hasso: Das Ergebnis der Schöffenwahlen 1992 nach Geschlecht, Alter und Beruf. Teil 2. In: RohR 7 (1995), S. 54-56
Lieber, Hasso: Besser – aber noch nicht gut. Die Berücksichtigung aller Bevölkerungsgruppen bei der Schöffenwahl 1988. Teil 2. In: RohR 3 (1991), S. 5-7
Lieber, Hasso: Besser – aber noch nicht gut. Die Berücksichtigung aller Bevölkerungsgruppen bei der Schöffenwahl 1988. Teil 1. In: RohR 2 (1990), S. 74-78
Schöffenwahl 2023
Ziel der Kampagne der PariJus gGmbH ist, die Qualität der Beteiligung des Volkes an der Strafjustiz und damit die Rechtsprechung insgesamt zu verbessern.