Wahl der Schöffen im Wahlausschuss

 
1. Vorbereitung der Sitzung
2. Ladung der Mitglieder und Vorabinformation
3. Entscheidung über die Einsprüche
4. Festlegung der Wahlmodalitäten
5. Wahl in verschiedene Listen
6. Wahl der Jugendschöffen
7. Entschädigung der Mitglieder des Schöffenwahlausschusses


1. Vorbereitung der Sitzung

Der Vorsitzende bereitet die Sitzung vor, indem

  • aus den Vorschlagslisten der Gemeinden die einheitliche Liste des Amtsgerichts zusammengestellt wird;
  • die Liste überprüft und die Abstellung von Mängeln veranlasst wird. Geprüft wird, ob
    • die Liste von Gemeindevertretung bzw. Jugendhilfeausschuss mit der ordentlichen Mehrheit beschlossen wurde,
    • die notwendigen Daten der Bewerber (§ 36 Abs. 2 Satz 2 GVG) enthalten sind,
    • die Vorschlagsliste ordnungsgemäß aufgelegt sowie Auflegung und Möglichkeit des Einspruchs bekannt gemacht wurden,
    • alle Gemeinden des Amtsgerichtsbezirks eine Liste eingereicht haben,
    • offensichtliche Ausschlussgründe und Eignungsmängel (§§ 31 bis 34 GVG) vorliegen;
  • festgestellt wird, ob Personen sowohl als Schöffe und Jugendschöffe vorgeschlagen sind; Doppelbewerbungen werden gekennzeichnet;
  • der Beschluss über die Einsprüche vorbereitet wird.

2. Ladung der Mitglieder und Vorabinformation

Der Richter beim Amtsgericht lädt als Vorsitzender die Mitglieder des Wahlausschusses zur Wahlsitzung ein. Er hat die Einsprüche gegen die Vorschlagslisten zusammengestellt und mit Vorschlägen zur Entscheidung versehen. Mit der Ladung sollte den Vertrauenspersonen die Liste übersandt werden, damit sie sich vorbereiten können. Die bayerischen Verwaltungsvorschriften sehen z. B. ausdrücklich vor, dass den Mitgliedern des Ausschusses in einer vorbereitenden Sitzung Gelegenheit gegeben werden soll, „die Personen, die sie für das Amt des Schöffen endgültig vorschlagen wollen, in einer den Bedarf nicht wesentlich übersteigenden Zahl zu benennen“.
Die Mitglieder des Wahlausschusses sind zur Teilnahme an den Ausschusssitzungen verpflichtet. Erscheint eine Vertrauensperson nicht oder nicht rechtzeitig ohne genügende Entschuldigung, kann gegen sie ein Ordnungsgeld gemäß § 56 Abs. 1 GVG (in Höhe von 5 bis 1.000 €, Art. 6 Abs. 1 EGStGB) verhängt werden. Das Problem dürfte eher akademisch sein, da sich die Mitglieder um die Funktion beworben haben, im Übrigen die Möglichkeit besteht, von der Sitzung (vorher) befreit zu werden. Der Ausschuss ist beschlussfähig, wenn wenigstens der Vorsitzende, der Verwaltungsbeamte und drei Vertrauenspersonen anwesend sind. Steht eine Vertrauensperson als Bewerber auf der Vorschlagsliste, ist sie nicht gehindert, an ihrer eigenen Wahl mitzuwirken; ein Ausschlussgrund wegen Befangenheit besteht nicht.

3. Entscheidung über die Einsprüche

Der Schöffenwahlausschuss entscheidet zunächst, ob die Vorschlagsliste (durch Ausschluss von Personen) berichtigt werden muss aufgrund

  • rechtzeitig erhobener Einsprüche (§ 37 GVG),
  • nachträglich gemachter Anzeigen (§ 38 Abs. 2 GVG),
  • vom Richter beim Amtsgericht festgestellter Mängel (§ 39 GVG) oder
  • auf andere Weise dem Ausschuss zur Kenntnis gelangter Gründe (z. B. durch Wissen eines seiner Mitglieder).

Der Ausschuss entscheidet mit einfacher Mehrheit darüber, ob ein Kandidat aufgrund eines Einspruches von der Liste gestrichen oder der Einspruch zurückgewiesen wird. Ergibt sich in einer Frage Stimmengleichheit, entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Dieser darf sich nicht der Stimme enthalten, wenn es dadurch zu einem Patt kommt.

Gegenstand der Entscheidung ist nur, ob

  • ein Verstoß gegen die Voraussetzungen der §§ 31 Abs. 2, 32 bis 34 GVG, § 44a DRiG vorliegt (diese Verstöße sind von Amts wegen auch ohne Einspruch zu berücksichtigen);
  • eine Person die Übernahme des Amtes wegen eines Grundes nach § 35 GVG abgelehnt hat. Ablehnungsgründe, auf die sich ein Kandidat nicht berufen hat, sind vom Ausschuss nicht zu beachten; zwingend kann sich ein Bewerber nur auf die gesetzlichen Ablehnungsgründe berufen. Apokryphe (nicht gesetzlich geregelte) Gründe kann der Ausschuss dadurch berücksichtigen, dass er diesen Bewerber nicht wählt;
  • die Vorschlagsliste ordnungsgemäß ausgelegt war und mit der erforderlichen Mehrheit beschlossen wurde. Hat die Gemeinde die Ordnungsmäßigkeit der Wahl beurkundet (z. B. durch das Sitzungsprotokoll der Vertretung bzw. des Jugendhilfeausschusses), ist der Wahlausschuss hieran gebunden.

Verstöße, die der Prüfungspflicht des Wahlausschusses unterliegen, können Auswirkungen auf die spätere Besetzung des Gerichts haben und die mit der Besetzungsrüge erhobene Revision begründen (§ 338 Nr. 1 StPO). Die Entscheidungen des Ausschusses sind zu protokollieren. Es empfiehlt sich, die Gründe der Entscheidungen im Protokoll festzuhalten. Der Vorsitzende stellt zum Schluss die so berichtigte Vorschlagsliste fest.

4. Festlegung der Wahlmodalitäten

Mit Ausnahme der Wahl in verschiedene Listen (jeweils für Haupt- und Ersatzschöffen zum Amts- bzw. Landgericht, für Schöffen in allgemeinen Strafsachen und Jugendschöffen) und der Beachtung der zwingenden Voraussetzungen für die Wahl als Schöffe sowie der erforderlichen Mehrheit sind die Modalitäten des Wahlvorganges im GVG nicht geregelt. Es muss nur sichergestellt werden, dass überhaupt eine Wahl stattfindet. Der Wahlausschuss kann die Kriterien für die Wahl der Schöffen in einem bestimmten Umfang selbst festlegen. Der Vorsitzende kann Kriterien zu Wahl und Abstimmungsmodalitäten in der Sitzung vorschlagen; jedoch müssen sie vom Wahlausschuss diskutiert und beschlossen werden (VG Karlsruhe, Urteil vom 18.02.2011, 1 K 1569/10, RohR 2012, S. 18).
Die unproblematischste Form der Wahl ist, wenn über die Kandidaten der Reihe nach so lange abgestimmt wird, bis die erforderliche Zahl erreicht ist. Der BGH hat folgende Modalitäten einer Schöffenwahl für wirksam gehalten:

  • Im Fall BGHSt 33, 261 (Urteil vom 19.06.1985, 2 StR 197/85, 2 StR 98/85) hat der Ausschuss 40 Umschläge mit Namenskarten nach den Kriterien des § 42 Abs. 2 GVG gefertigt (Frauen und Männer je in vier Altersstufen und fünf Berufsgruppen). Dann wurden entsprechend dem prozentualen Anteil dieser Gruppen an der wählbaren Bevölkerung aus jedem Umschlag entsprechend viele Karten gezogen. Die so Ermittelten wurden vom Ausschuss förmlich in einem Akt mit der erforderlichen Mehrheit gewählt.
  • Der Ausschuss zählt zunächst jeden x-ten Schöffen aus der Vorschlagsliste aus und stellt diese dann en bloc zur Wahl (sog. Auszählverfahren; BGH, Urteil vom 26.11.1985, 5 StR 360/85, NJW 1986, S. 1358). Zunächst wurde jeder vierte Mann und jede dritte Frau auf der Liste solange ausgezählt, bis auf diese Weise die erforderliche Zahl der Schöffen ausgesucht waren.
  • Die Schöffenwahl wird zunächst aus einer beschränkten Liste (Teilliste) vorgenommen (BGH, Urteil vom 24.03.1987, 5 StR 680/86, StV 1987, S. 285). Nach Auffassung des BGH soll sogar dann eine Wahl vorliegen, wenn der Wahlausschuss bewusst eine Liste aus einer Gemeinde unberücksichtigt lässt und somit seine Entscheidung nicht auf der Basis der Vorschlagsliste des gesamten Amtsgerichtsbezirks trifft.

In der Praxis haben sich Verständigungen herausgebildet, wonach im Wahlausschuss zunächst die Kandidaten gewählt werden, auf die von einzelnen Mitgliedern des Ausschusses besonderer Wert gelegt wird. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, nicht nur Mitglieder der Fraktionen in den Ausschuss zu entsenden, sondern auch gesellschaftliche Organisationen zu beteiligen. In sehr großen Kommunen wie Berlin, Hamburg, Köln, München oder Frankfurt wird dies angesichts der zu wählenden Zahl von Schöffen nicht sehr viel weiterhelfen. Hier sollte auf die Begründung der Bewerbung zurückgegriffen werden. Die Unterlagen sind den Mitgliedern zur Vereinfachung der Wahl mit den Daten der Bewerber zu übersenden. In Zeiten digitaler Bearbeitung dürfte sich der Verwaltungsaufwand hierfür in Grenzen halten.

5. Wahl in verschiedene Listen

Der Ausschuss wählt die Schöffen entsprechend ihrer Funktion in verschiedene Listen:

  • Zunächst die Hauptschöffen für das Amtsgericht, an dem der Ausschuss eingerichtet ist, aus allen Gemeinden des Bezirks, danach dessen Ersatzschöffen. Letztere sollen aus dem Ort kommen, in dem das Amtsgericht seinen Sitz hat, oder aus dessen unmittelbarer Umgebung.
  • Ist ein gemeinsames Schöffengericht für mehrere Amtsgerichtsbezirke eingerichtet, wird vom Wahlausschuss eines jeden beteiligten Amtsgerichts ein entsprechender Anteil an Hauptschöffen gewählt (§ 58 Abs. 2 GVG). Die Ersatzschöffen wählt der Wahlausschuss des Amtsgerichts, an dem sich das Schöffengericht befindet, aus der Bevölkerung seines Bezirks (§ 58 Abs. 2 GVG). Eine Ausnahme gilt für den Fall einer Stadt mit mehreren Amtsgerichtsbezirken oder Teilen davon mit einem gemeinsamen Schöffengericht. Dann werden in allen Amtsgerichtsbezirken Ersatzschöffen für das gemeinsame Schöffengericht gewählt, sofern die Landesjustizverwaltung keine andere Bestimmung getroffen hat.
  • Jeder Wahlausschuss eines Amtsgerichtsbezirks wählt seinen Anteil an Hauptschöffen für das Landgericht. Alle Gemeinden im Landgerichtsbezirk sollen an der Rechtsprechung beteiligt werden. Die Ersatzschöffen für das Landgericht werden in dem Amtsgerichtsbezirk gewählt, in dem das Landgericht seinen Sitz hat (§ 77 Abs. 2 Satz 2 GVG).
  • Besteht an einem Amtsgericht eine auswärtige Kammer des Landgerichts, werden deren Hauptschöffen von den Schöffenwahlausschüssen aller Amtsgerichte des Bezirks der auswärtigen Kammer gewählt, nicht jedoch für die übrigen Spruchkörper des Landgerichts (§ 78 Abs. 3 GVG). Die Ersatzschöffen für eine auswärtige Kammer werden allein vom Schöffenwahlausschuss des Amtsgerichts am Sitz der auswärtigen Kammer gewählt.

6. Wahl der Jugendschöffen

Bei der Wahl der Jugendschöffen gelten die Regeln des GVG, soweit das JGG nicht Besonderheiten vorsieht. Dazu gehören:

  • Den Vorsitz bei der Wahl muss ein Jugendrichter übernehmen.
  • Die künftigen Jugendschöffen sollen über Erfahrung in der Jugenderziehung verfügen und eine erzieherische Befähigung aufweisen.
  • Der Schöffenwahlausschuss wählt die Jugendschöffen jeweils in getrennte Listen für Männer und Frauen (§ 35 Abs. 5 JGG), da an jeder Hauptverhandlung jeweils eine Frau und ein Mann als Jugendschöffen teilnehmen sollen (§ 33a Abs. 1 Satz 2, § 33b Abs. 7 JGG).
  • Die Wahl erfolgt ausschließlich aus den Vorschlagslisten der Jugendhilfeausschüsse. Die Wahl aus einer Vorschlagsliste der allgemeinen Schöffen, die von der Gemeindevertretung aufgestellt wurde, ist unzulässig.

7. Entschädigung der Mitglieder des Schöffenwahlausschusses

Die Vertrauenspersonen erhalten für ihre Tätigkeit die Entschädigung, die auch die Schöffen für ihren Einsatz in einer Hauptverhandlung bekommen. Der Vorsitzende und der Verwaltungsbeamte erhalten keine Entschädigung, da die Tätigkeit im Schöffenwahlausschuss zu ihren Dienstpflichten gehört. Mitglieder des Wahlausschusses, die einer Vertretung oder einem Jugendhilfeausschuss angehören, werden entsprechend ihrem kommunalen Amt nach den Regeln des Landesrechts bzw. der kommunalen Satzung entschädigt.

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Schöffenwahl 2023

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